Ein Trip zur jordanischen Felsenstadt Petra, UNESCO-Welterbe und eines der Neuen Sieben Weltwunder. So kommt man auf eigene Faust über Land von Ägypten über Israel nach Jordanien.
Til Wonders Rise
27. – 29. November 2012
Eigentlich sollte unser grenzüberschreitender Trip vom ägyptischen Dahab ins jordanische Wadi Musa ganz einfach sein. Doch mehrere Dahab-Locals geben uns den Tipp, dass das Boot von Nuweiba in Ägypten nach Aqaba in Jordanien nicht gerade zuverlässig verkehrt und die 75 US-Dollar pro Person auch nicht gerade ein Schnäppchen sind.
Deswegen entscheiden wir uns für die Landvariante: Mit dem Taxi zur israelischen Grenze in Taba, bei den Guantanamo-esken Kreuzverhören der Grenzer bloß nicht in Tränen ausbrechen und aus Angst vor Waterboarding irgendwelche Sachen gestehen, dann kurz mit dem nächsten Taxi zur jordanischen Grenze, Taxi nach Aqaba, Bus nach Wadi Musa, dem Ausgangsort für Petra. Dauert eigentlich auch nicht lange. Eigentlich. Jedoch hat uns niemand gesagt, dass genau an diesem Dienstag die israelische Grenze nach Jordanien für sechs Stunden geschlossen wird. Und der unfreundliche Grenzsoldat will uns auch nicht vor Ort warten lassen, wir fangen uns einen temporären Platzverweis ein. Also müssen wir mit einem Taxi (und das ist in Israel nicht günstig, man bezahlt nämlich für Gepäckstücke extra) zu einer Shoppingmall bringen lassen. Dort leider die nächste unfreundliche Begegnung. Mit unserem Gepäck dürfen wir nicht rein, man will, dass wir unsere Rucksäcke nicht nur scannen, sondern alles auspacken und dann per Hand checken lassen. Viel Spaß! Wir verzichten und setzen uns lieber in die Sonne. Bei den israelischen Preisen ist die Zeit des „Sich-Leisten-Könnens“ eh vorbei. Am Nachmittag versuchen wir erneut unser Glück an der Wadi Araba-Grenze. Und sie ist tatsächlich auf! Wir reihen uns in die lange Schlange ein und freuen uns, dass wenigstens das jordanische Visum kostenlos ist.
Die Taxipreise ins zwei Stunden entfernte Wadi Musa wurden erst kürzlich erhöht und auf 55 JD (Jordanian Dinar, ungefähr 55 Euro) festgesetzt. Nachteil für Feilschexperten, Vorteil für ahnungslose Touristen. Wir schlucken ordentlich und sind froh, dass sich zwei Japaner das Taxi mit uns teilen wollen. Außerdem hat die Regierung im Oktober beschlossen, dass Jordanien ab sofort in einer anderen Zeitzone liegt und wir schon eine Stunde später als gedacht haben. Der Sonnenuntergang über der Wüstenlandschaft im Süden des Landes ist einer der tollsten, den wir je gesehen haben. Der ganze Horizont färbt sich orangerot. Mit der Wahl des Saba’a Hotels in Wadi Musa sind wir zufrieden. Die britische Chefin Gail versorgt uns gleich mit Tipps für Petra und empfiehlt uns einen frühen Start am nächsten Morgen. Mit dem Grenzübergang nach Jordanien haben sich nicht nur die Preise schlagartig geändert, sondern auch die Temperaturen. In Wadi Musa sind es abends 8 Grad und wir liegen früh unter der dicken Bettdecke. Wie vereinbart, wartet morgens beim reichhaltigen Frühstücksbuffet ein pralles Lunchpaket auf uns.
Petra auf eigene Faust
Zum Wachwerden (und Geldsparen) laufen wir die 20 Minuten bis zum Eingang des Weltwunders. Für Henning ist es ein ganz besonderer Moment: Elf Jahre nach dem Besuch von Chitzen Itza in Mexiko hat er mit Petra nun alle Neuen Sieben Weltwunder (+ Gizeh als einzig noch erhaltenes der Antike) gesehen. Glückwunsch! Über den Eintrittspreis (50 Euro für einen Tag, 55 für zwei Tage) sehen wir mal hinweg und lassen uns davon die Laune nicht verderben. Schon nach wenigen Metern (und der Flucht vor den Pferde-Abzockern) zieht uns die Felsenstadt in ihren Bann. Petra ist gigantisch und einen Besuch absolut wert. Wir haben uns im Vorfeld für einen einzigen, aber langen Tag entschieden und versuchen diesen optimal zu nutzen. Der Eintritt durch langen, schmalen Siq (Canyon), ist atmosphärisch und liefert mit dem wohl bekanntesten Motiv des Unesco-Weltkulturerbes, dem Schatzhaus, ein erstes Highlight. Nach dem langen Marsch durch den Siq, der als Kulisse für die letzten Szenen von Indian Jones und der letzte Kreuzzug fungierte, schlagen wir den Weg auf den Hügel zum High Place of Sacrifice ein und bewundern die sensationelle Aussicht. Wieder zurück im „Dorf“ nehmen wir uns das Theater und die Königsgräber vor.
Dann begeben wir uns auf den Geheimpfad oberhalb der Treasury. Den Tipp haben wir von Jens aus dem Weltreise-Forum bekommen und können ihn nur weitergeben: Man läuft den „Al-Khubtha Trail“ bis zum Ende. Dort zeigt ein Pfeil zum Aussichtspunkt, man läuft an dem Schild links weiter und erreicht eine Hütte, von der es cirka 600 Meter bergab geht. Der Weg ist mit Steinen an der Seite markiert, am Ende befindet sich hinter ein paar Felsen eine provisorische Mini-Hütte, von dem man das majestätische Schatzhaus in ungewohnter Vogelperspektive bewundern kann. Mutige klettern noch weiter bis zur Webcam. Die Mittagspause verbringen wir auf dem Hügel über den Gräbern mit einer grandiosen Panorama-Aussicht auf die Felsenstadt.
So langsam werden die Beine müde, doch wir haben noch Einiges vor. So steht auf dem Weg zum Kloster der nächste Anstieg an. Man kann auch auf Eseln und Pferden rauf – wir verzichten und laufen lieber. Unterwegs werden wir von einer jordanischen Mutti fast von einem Ast erschlagen, den sie als Feuerholz für ihren “Teeshop” einen Abhang hinunterschubst. Nach kurzem Schock spricht sie für den Rückweg eine Einladung auf eine Stärkung aus. Darf man nicht ausschlagen, will man nicht als respektloses Monster gelten. Das Kloster oben auf dem Hügel ist zum Schluss ein absoluter Höhepunkt. Wir kommen aus dem Staunen nicht heraus und schleppen uns noch zu einem weiteren Aussichtspunkt hinauf. Der lange, lange Rückweg zum Hotel wird mit einem Mix aus Zuckerschock vom Tee bei Mutti und schmerzenden Füßen angetreten. Das Falafel-Sandwich und die Linsensuppe am Abend haben wir uns redlich verdient. Morgen ruft die Wüste!