Coffee & TV


Sucre & Cochabamba, Bolivien // 7. – 11. April 2011

Nach einer für bolivianische Verhältnisse harmlosen und reibungslosen Busfahrt chauffiert uns Taxifahrer Valentino ins Zentrum Sucres, während er  uns einen Crash-Kurs in Quechua und Russisch verpasst. Vom Plaza 25 de Mayo aus klappern wir diverse Hostels ab, wir entscheiden uns letztendlich fürs Cruz de Popayán und geben direkt unsere prall gefüllten Säcke mit Schmutzwäsche ab.

Wir streifen durch die Kolonialstadt, holen uns Snacks auf dem Mercado Central und pausieren im mit Mini-Eiffelturm und Arc de Triumph ausgestatteten Parque Bolivar. Im „El Germen“ lassen wir uns günstige und richtig gut gemachte Veggie-Tofu-Currys servieren. Der Einfluss des deutschen Besitzers macht sich durch Gulasch, Nussecken & Schwarzwälder Torte auf der Speisekarte durchaus bemerkbar. Im Supermarkt entscheiden wir uns mit „Judas“ für eine geschmacksintensive Schwarzbiervariante aus Belgien, den Abend lassen wir im Innenhof und mit einigen Folgen „According to Jim“ aus unserem Medienarchiv ausklingen.

Die Suche nach Tickets für die Weiterfahrt nach Cochabamba erweist sich als alles andere als einfach, da nicht allzu viele Companies die als Killerstrecke verschrieene Tour anbieten und die wenigen Busse nahezu ausverkauft sind. „Copacabana“ nimmt uns als allerletzte Kunden für die Tour am späten Nachmittag auf. Danach bedienen wir uns bei Mokka (mit ekliger Sahne) am WiFi des Locot’s Café Aventura, bevor wir noch einmal durch La Ciudad Blanca wandern und kurz im Kulturcafé Berlin des Instituto Cultural Boliviano Alemán vorbeischauen. Im „El Germen“ ist man an diesem Tag leider nicht auf hungrige Backpacker zur Mittagszeit eingestellt, sodass wir auf die mexikanischen Angebote des Locot’s (ganz OK) zurückgreifen und uns bei drei Kiwi-Mädels Tipps für den (noch) in ferner Zukunft liegenden Teil unseres Trips einholen. Wir passieren lautstark (für ein besseres Gesundheitssystem?) prostestierende Bürger und warten im Cruz de Popayán auf unsere Wäsche. Eigentlich für 13 Uhr angekündigt, trudelt die Lady der Wäscherei erst nach mehrmaligen Nachfragen Last-Minute ein, wir packen schnell unsere Rucksäcke und verabreden uns mit den Vikingos für die kommenden Tage in La Paz. Sowohl Kofferraum (Taschen) als auch Beifahrersitz (Sohn des Fahrers) unseres Taxis sind belegt, so dass unsere Taschen kurzerhand aufs Dach gelegt werden. Unsere skeptische Nachfrage, ob man nicht wenigstens irgendwas festbinden solle, verneint der Chauffeur lachend. Am Terminal geben wir mit ungutem Gefühl unsere Backpacks ab, werden aber beruhigt, als sie wenige Minuten später per Seil zu den Bussen herabgelassen werden. Unser Bus erweist sich als Auslaufmodell, da die Companies nicht ihre Glanzstücke auf der holprigen Schotterpiste nach Cochabamba verheizen wollen. Gott sei Dank ist es bereits dunkel, weil wir bei Tageslicht wahrscheinlich unterwegs angstschweissgebadet ausgestiegen wären. Nur schemenhaft sehen wir Abgründe, Erdrutsche und Überholmanöver mit wenigen Millimetern Platz. Jegliche Gedanken an Schlaf treibt uns außerdem ein Schreihals allererster Güte aus, den weder Mutter, Vater noch mitreisende Hebammen und Kindergärtnerinnen nur ansatzweise ruhig stellen können.

Zustand bei Ankunft um 5 Uhr morgens: Übermüdet, aber überlebt! Dementsprechend glücklich sind wir, als uns der Nachtportier der Residencia Familiar direkt in ein Zimmer mit Doppelbett verfrachtet und wir uns für ein paar Stunden ablegen können. Zum Frühstück reisen wir an die Seine, im Café Paris freuen wir uns über Crêpes und guten Kaffee. Beim Streifzug durch Cochabamba fällt schnell auf: Die Stadt selbst hat nicht viel zu bieten, geschlossene Veggie-Restaurants und Tour-Agencies erschweren einem die erhoffte Ablenkung. Fortan sehen wir Cochabamba als perfekte Möglichkeit zum Nichtstun, wir schauen reichlich Serien, Filme und Reisedokumentationen (Danke, Andreas!). Wir verlassen unsere Unterkunft an diesem Tag nur für Papas Fritas und Eis bei Dumbo und einen abendlichen Besuch im Internetcafé. Dort wird links  von einem (ohne Kopfhörer) Linkin Park gehört und rechts wird lautstark zu Rammstein mitgesungen während anderthalb Stunden die Google-Bildersuche nach halbnackten US-Schauspielerinnen bemüht wird.

Unsere Versuche, auf eigene Faust in den Nationalpark Tunari zu gelangen, scheitern kläglich. Cochabamba ist ein einziges Chaos aus Milliarden abgefahren aussehender Oldtimer-Busse, riesigen Märkten und Menschenmassen. Niemandem ist es möglich, uns den Abfahrtsort des richtigen Minibusses zu nennen, so dass wir (nur halb enttäuscht) den Rückweg für mehr Homekino antreten, nicht ohne vorher ein preisgünstiges Handy zu erstehen, das uns nach dem Pucon-Incident von nun an als Wecker und Notfall-Kommunikationsmittel dienen soll.  Ganz alemán begehen wir den Sonntagnachmittag mit vorzüglicher Schokotorte und Apfelkuchen bei Donal. Nach weiterem Chillen im Hotel gibt’s abends Pizza bei Eli, bevor ein Michael Jackson-Imitator auf dem Plaza den Abend amüsant beschließt.

Nachdem wir einer nicht ganz eindeutigen Situation mit irgendwelchen Terroristen (entweder Geiselnahme in einer Bank oder Verhandlung gegen Terroristen in einem Gebäude) und einem Riesenaufgebot an bis an die Zähne bewaffneten Soldaten aus dem Weg gehen können, verfrachtet uns Bolivar innerhalb weniger Sekunden in deren Bus in Richtung La Paz.

Auch wenn Cochabamba (und vielleicht auch Sucre) nicht unbedingte und unvergessliche Pflichtstopps auf dem Track durch Bolivien sind, sind Faulenztage wie diese ebenso wichtig, wie das ständige „Auf Achse sein“ in Südamerika.

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