They’re Building Walls Around Us


Kunming, Beijing, China // 22.-28. Mai 2012

Forbidden City, Beijing

Von Sapa bis zur chinesischen Grenze ist es nicht weit. Der Transfer im Minibus dauert nur eine Stunde, doch da der Fahrer so lange durch die Gegend kurvt, bis der Wagen überquillt, verpassen wir unseren Anschlussbus in Hekou und müssen zwei Stunden warten.

Die Grenzübergänge auf beiden Seiten sind hochmodern, die Beamten freundlich und trotz mangelnder Englischkenntnisse hilfsbereit. Und unseren Lonely Planet dürfen wir auch behalten (wird laut Infos aus dem Buch wohl häufiger einkassiert, weil Taiwan als eigenes Land eingezeichnet ist). Eine Brücke trennt die beiden Länder und wir merken sofort: In China ticken die Uhren anders. Schon die Grenzstadt Hekou begrüßt uns mit Sauberkeit, Ordnung und mehrspurigen Straßen. Eines ist aber auch in China gleich: Mit dem Moto düsen wir in Affentempo erst zum ATM, dann zum Busbahnhof. Uns versteht niemand, das Ticket nach Kunming bekommen wir trotzdem. Die über achtstündige Fahrt durch Südchina führt vorbei an Reis- und Gemüsefeldern, durch hügelige Landschaften und durch Städte. Überall scheint gebaut zu werden, sei es an-, ab- oder neu-. Neben chinesischen Actionfilmen, die sich in Sachen Technik und Story nicht großartig von Hollywoodstreifen unterscheiden, wird auch ein Frühwerk von „Se Gavernor“ Arnold Schwarzenegger gezeigt. Die Toiletten an den Stopps sind bis auf eine Ausnahme (an einer alten Raststätte pinkelt man dann halt in eine Rinne, Chinese PatriotismHintern an Hintern) recht sauber und haben Türen (wieder ein Klischee aus Reiseforen und dem Lonely Planet). Als wir spät abends endlich in Kunming ankommen, reißen sich die Taxifahrer um uns. Wir haben uns aber wohlweislich notiert, wie man mit öffentlichen Verkehrsmitteln in die Stadt kommt. Zero Kommunikation, aber wir beobachten einfach, wie die Einheimischen bezahlen und schmeißen anschließend auch unsere 2 Yuan pro Person (0,25€) in eine Box. Seinem Blick nach zu urteilen, hat unser Fahrer vergessen, uns an der gewünschten Haltestelle rauszulassen. Also stehen wir ziemlich verloren mitten in Kunming und brauchen eine Weile, bis wir das Cloudland Hostel gefunden haben. Zum Glück stehen im Lonely Planet die chinesischen Schriftzeichen, so dass uns auch die locals weiterhelfen können. Im Hostel sind wir erleichtert, dass unser reserviertes Zimmer (im Ikea-Style) noch auf uns wartet. Vom Hunger getrieben, lassen wir uns überbackene Nudeln in der angeschlossenen Bar schmecken. Danach schlafen wir den Schlaf der Gerechten.

Temple Of Heaven Park, Beijing

Am nächsten Tag erkunden wir die Hauptstadt der Provinz Yunnan und sind begeistert. Parkanlagen, Hochhäuser, Tempel und Märkte bestimmen das Stadtbild. Menschen bleiben wieder an Ampeln stehen und reihen sich in Schlangen ein. Im Walmart (!!!) decken wir uns mit westlichen, aber auch chinesischen Lebensmitteln ein. Die Tee-Softdrinks können Einiges! Während viele Reisende einen Loop in Yunnan machen, haben wir uns entschieden, den Flieger in die Hauptstadt Beijing zu nehmen. Wir bekommen noch zwei Last Minute-Plätze in der Air China-Maschine. Verzichten wir meistens auf Flüge, macht der Luftweg in diesem riesigen Land durchaus Sinn. Der Flug nach Beijing dauert immerhin dreieinhalb Stunden, mit dem Zug wären’s 36 oder mehr geworden.

China: McD vs The Dragon

Das Leo Hostel in zentraler Lage Bejings nahe der Forbidden City erreichen wir mit Airport Express Train und Metro. Unsere Reservierung ist zwar irgendwie untergegangen, ein Zimmer bekommen wir aber dennoch. Die Unterkunft liegt direkt in den Hutongs, den berühmten kleinen Gassen der Altstadt. Wir lassen uns treiben und stürzen uns ins Getümmel der nahen Einkaufsstraßen. Beim Anblick von H&M bekommt Vera einen leichten Kreislaufkollaps. So freut man sich nach über 16 Monaten über Vertrautes. (PS: Wir haben auch schon Ikea entdeckt!). Die Hostels (in China heißen sie wieder so, im restlichen Asien bisher Guesthouse) sind sehr modern und die Mädels von der Rezeption Gold wert. Sie schreiben Sehenswürdigkeiten, Zugverbindungen und alles, was man sonst im Backpacker-Alltag in Bejing brauchen könnte, in chinesischen Schriftzeichen auf.

China, The iPad GenerationWir lassen Kamera, Tasche und Wasser im Zimmer und pilgern frühmorgens zum Maosoleum, leider werden wir aufgrund unserer despektierlichen Schuhmode (Flip-Flops) direkt am Eingang wieder abgewiesen. Nach einem im Supermarkt gekauften Peanutbutter-Jam-Sandwich-Frühstück geht’s nun mit Kamera, Tasche, Wasser und „vernünftigen“ Schuhen auf den Tian’anmen-Square, den mit 440.000m² größten öffentlichen Platz der Welt. Öffentlich im wahrsten Sinne des Wortes, nach dem obligatorischen Sicherheitscheck überwachen einen tausende Kameras haargenau, dass man auch nicht die „Free Tibet“-Flagge rausholt oder andere Akte der Blasphemie begeht. Infotafeln über gewisse Vorkommnisse im Jahr 1989 sucht man „komischerweise“ vergebens. Sitzmöglichkeiten oder Schattenplätze ebenso. Zum abendlichen Fahnen-Einhol-Spektakel versammeln sich täglich mehrere hundert Einheimische und Touristen. Bevor wir aber auf den Platz des himmlischen Friedens zurückkehren, verbringen wir den Tag in der Forbidden City, der Verbotenen Stadt. Mitten im heutigen Zentrum lebten und regierten früher die Kaiser der Ming und Qing Dynastien. Die einfache Bevölkerung hatte keinen Zutritt, daher stammt auch der Name. Die Stadt ist ein Meisterwerk chinesischer Architektur und wurde 1987 zum Weltkulturerbe erklärt. Wir schauen uns zig Paläste, Hallen, Hydranten, Wände, Tore, Throne und Höfe in diesem riesigen Areal an und brauchen anschließend erstmal eine Pause. Der Audioguide, den man sich für 5 Euro mieten kann, wird zwar im LP angepriesen, lohnt sich aber unserer Meinung nach nicht, da es an allen Ecken Infotafeln gibt.

China, Great Wall

Ein großer Traum wird am nächsten Tag wahr. Great Wall here we come! Wir fahren mal wieder ohne Tour einfach mit öffentlichen Verkehrsmitteln (Local Bus vom Terminal und dann für kleines Geld mit dem Taxi nach Mutianyu). Klappt problemlos und so können wir uns Zeit und Ablauf selbst einteilen. Und Fans off The Wall!Geld sparen wir im Vergleich zum vorgekauten Massenservice natürlich auch noch. Der Mauer-Abschnitt in Mutianyu ist gut erhalten, ziemlich beeindruckend und hat 26 Wachtürme. So, wie man sich die Chinesische Mauer eben vorstellt. Bis wir oben sind (wir entscheiden uns natürlich gegen Seilbahn und Sessellift), müssen wir jedoch einige Stufen und Höhenmeter überwinden. Doch die Aussicht auf Mauer und Umgebung entschädigt sofort für die Anstrengung. Wir stehen tatsächlich auf der Mauer! Stundenlang wandern (anders kann man es nicht nennen, es geht nur rauf und runter, hallo Knie!) wir auf dem berühmten Bauwerk. Trotz Wochenende ist es nicht überfüllt und man kann überall problemlos Fotos machen. Das soll an der bekanntesten Mauer-Touri-Stelle in Badaling anders sein. Nervige Verkäufer stellen sich einem glücklicherweise nur auf den letzten Metern vor dem Parkplatz in den Weg und wollen hässliche Great Wall-T-Shirts für 1 Dollar loswerden. Powerseller ist ein Shirt mit dem Konterfei von US-Präses Obama, der die legendäre Mao-Kappe sportet.

Chinese Police

Am nächsten Tag starten wir einen neuen Versuch, in die Chairman Mao Memorial Hall zu kommen und dieses Mal klappt es. Wir haben nichts dabei, sind vernünftig gekleidet und fragen uns hinterher, ob es die 35 Sekunden, die wir im Maosoleum waren, wert waren. Nach einer Mao-Statue im Vorraum wird man von Sicherheitsleuten an der mumifizierten Leiche des früheren Staatspräsidenten vorbeigescheucht. Gut, dass das Ganze kein Geld kostet. Wir schnappen unsere Sachen und machen uns auf zum Temple of Heaven Park. Wir haben Glück und ein anderer Tourist schenkt uns sein Ticket, so dass wir nur noch eins kaufen müssen. Die Tempelanlage Himmelstempel ist vor allem wegen seiner Halle des Erntegebetes, einer der Wahrzeichen Beijings, bekannt. Das kreisförmige Gebäude diente hauptsächlich im Frühjahr als Altar für eine ertragreiche Ernte. Wir laufen durch den Park, schauen Chinesen beim Badminton spielen zu (sehr beliebt) und können uns nur schwerlich beherrschen, keinen Baukasten der Tempel zu kaufen, der an allen Ecken angeboten wird. Wir nehmen die Metro einmal quer durch die Stadt zum Lama Tempel, dem berühmtesten tibetisch-buddhistischen Tempel außerhalb Tibets. Der Weg hat sich total gelohnt, die Anlage mit Gebetsrädern, Fresken, Statuen sowie ganz vielen großen und kleinen Buddhas ist großartig.

Beijing nightlife

Bis wir allerdings im Anschluss das vegetarische Restaurant Baihe Courtyard finden (und das auch nur dank Hilfe eines Seven-Eleven-Shop-Mitarbeiters, der uns die Beschreibung in Schriftzeichen aufschreibt), qualmen unsere Füße. Beijing Duck mock-meatDoch das Essen ist die Mühe wert. Vegane Peking Ente und veganes Pfeffer-Huhn schmecken vorzüglich. Gestärkt marschieren wir zur Nanluogu Xiang-Straße, die im Lonely Planet als absolutes Muss empfohlen wird. Es ist Sonntag Nachmittag und die historische Straße scheint in der Tat nicht nur eine Tourimeile mit kleinen Hotels, Restaurants, Souvenirläden, Bars und Boutiquen, sondern auch der Treffpunkt für die einheimischen Hipsters zu sein. Wir werden mal wieder genauestens, aber freundlich beäugt, als wir uns Milchshakes und Tees bestellen. Abends lassen wir uns über die beleuchtete und stark belebte Shoppingmeile Qianmen Dajie treiben, die in unmittelbarer Nähe zu unserem Hostel liegt.

Olympic Park, BeijingAn Tag 5 in Beijing checken wir spät aus und vertreiben uns die Zeit bis zur ersten Zugfahrt in China mit dem Besuch des Olympischen Dorfes von 2008 mit Bird’s Nest-Stadion und Water Cube. Statt eines Sommerpalast-Besuches entscheiden wir uns, noch mal zur Nanluogu Xiang zu fahren, chinesischen Tee zu trinken und Hutong-Atmosphäre zu schnuppern. Da bereits alle günstigeren Hard Sleeper Betten nach Xi’an ausgebucht sind, testen wir die größeren und bequemeren Betten im Soft Sleeper.

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