Or Is It Just Propaganda?


Saigon, Mui Né, Vietnam // 28. April – 3. Mai 2012

Reunification Palace, Saigon

Kaum sind wir in der Millionenstadt Saigon (eigentlich Ho Chi Minh City, aber jeder benutzt weiterhin den alten Namen) aus dem Bus gestiegen, fängt es an zu Kommunismus vs Chanelschütten. Hallo, Monsunregen! Wir quetschen uns in ein Taxi und lassen uns im Backpackerviertel Pham Ngu Lao absetzen. Wegen der bevorstehenden Feiertage (Unabhängigkeitstag und Tag der Arbeit) dauert es ewig, bis wir eine ansprechende und günstige Unterkunft finden. Mit dem Dai Huy Hoang Hotel (10 Dollar/Zimmer) sind wir dann aber mehr als zufrieden. Bei Bia Hoi und Gin Tonic auf der „Beer Street“ lassen wir zusammen mit Ines die letzten Wochen Zeit Revue passieren. Bia Hoi ist gezapftes Bier, das täglich frisch abgefüllt wird und auch getrunken werden muss. Kostet mit umgerechnet 12-20 Cent pro 0,4 Glas so gut wie nichts und macht Vietnam zum billigsten Bierland der Welt.

Kommunistische Arbeiterjugend Vietnam

An unserem letzten gemeinsamen Tag steht ein langer Rundgang durch die Metropole auf dem Programm. Irgendwie haben wir uns Saigon schlimmer vorgestellt. Über 3 Millionen Motorroller, Taxen, Fahrradfahrer, kaum Ampeln, überall Menschen, dazu die Hitze – aber irgendwie kann uns selbst das nach so langer Zeit on the road nicht mehr richtig schocken. Man geht einfach über die Straße, mit dem Fluss, klappt prima und uns ist nie etwas passiert. Machen die Locals ja schließlich auch so. Nach einem Besuch auf dem Ben Thanh Market (Blusen von Mango für 5 Dollar!) laufen wir in Richtung neue Innenstadt am Saigon River mit Hochhäusern, schicken Boutiquen und In-Restaurants. Doch wir interessieren uns mehr für die Vergangenheit und so heißen unsere nächsten Stopps Reunification Palace und War Remnants Museum.

War Room 70s Style

DDR Propaganda Plakat

Früher unter dem Namen „American War Crimes“ bekannt, wird in der Ausstellung ein eindeutiges Bild vom Vietnamkrieg aufgezeigt. Schuld waren einzig und allein die Amis, und das fehlgeleitete Südvietnam mit dieser „komischen Demokratie“ konnte froh sein, dass das kommunistische Nordvietnam mit seinen heroischen Bewohnern sich dazu entschloss,die Brüder im Süden von der geistigen Umnachtung zu befreien. Kriegsverbrechen der nordvietnamesischen Militärs oder finanzielle Unterstützung durch die Sowjetunion – Fehlanzeige! Auch die Frage, ob Südvietnam, dem es nach der Teilung des Landes wesentlich besser als dem Norden ging, überhaupt „befreit“ werden wollte, wird nicht beantwortet oder gestellt. Dafür verkünden Propaganda-Plakate andere „Historic Truths“. So unterstützte zum Beispiel damals ganz Deutschland und nicht nur die DDR die kommunistischen Helden des Nordens. Auf eindringliche Weise werden die Opfer des Krieges gezeigt und auch die verheerenden Spätfolgen von Agent Orange und anderen amerikanischen Gräueltaten sind augenöffnend. Das War Remnants Museum gehört bei einem Saigon-Besuch ganz oben auf die Liste, solange man sich der einseitigen Dokumentation des Krieges bewusst und bereit ist, ein historisches Auge zuzudrücken.

Der Besuch der Jade Emperor Pagode, eine von den Franzosen erbaute Kathedrale und die sehenswerte alte Hauptpost beenden die Sightseeing-Tour. Erschöpft nehmen wir ein Taxi zurück nach Pham Ngu Lao und stoßen mit Ines auf ihren Urlaub an. Åkhun und Cám ơn, Ines, für drei tolle und ereignisreiche Wochen in Kambodscha und Vietnam!

Viet-Cong-SoldierWegen des Feiertages warten wir ewig auf unseren Tourguide, der uns zu den Cu Chi-Tunneln bringen soll. „A lot of traffic“, entschuldigt sich der dicke Po, der, wie er uns erzählt, seinen Spitznamen aus dem Film „Kung Fu Panda“ und eine Vorliebe für KFC hat. Klar, denken wir, als wir die freien Straßen erblicken. Wahrscheinlich hat der Gute einfach ein bisschen zu lange gefeiert. Etwas Positives hat die Verspätung allerdings schon. Ines läuft uns in der Rezeption noch mal über den Weg und wir verabschieden uns erneut. Auf dem Weg nach Cu Chi gibt es natürlich den obligatorischen Stopp bei einem Souvenirgeschäft mit vollkommen überteuerten Preisen, an dem man eine Viertelstunde ausharren muss, bis man zurück in den Bus darf. Cu Chi gilt in Vietnam als glorreiches Symbol für den Kampf gegen die Amerikaner (und die Landsmänner aus dem Süden, aber dieser Bürgerkriegs-Aspekt wird hier Cu Chi Tunnelsgerne mal unter den Tisch fallen gelassen), diente die 40 Kilometer von Saigon entfernte Hügellandschaft als strategisch wichtiger Punkt für den Kampf der in den Süden eingedrungenen Untergrund-Kämpfer. In unterirdischen Tunnelsystemen verschanzten sich die Viet-Cong-Solda… Entschuldigung, bewaffnete Patrioten, tagsüber und attackierten die nahe gelegenen amerikanischen Stützpunkte bei Nacht. Patrouillierende Amerikaner wurden mit versteckten Sprengsätzen und improvisierten, aber nichtsdestotrotz tödlichen Fallen bekämpft. In Cu Chi führt uns Po ein mal wieder historisch objektives Video über den Krieg, lässt uns Fallen austesten, wir sehen versteckte Eingänge und Luftzufuhrlöcher und für jede Menge Extrageld könnten wir sogar ein russisches AK-47 (obwohl es doch gar keine Unterstützung aus der Sowjetunion gab???!!!) Probe schießen. Wir lehnen dankend ab. Zu guter Letzt können wir selbst durch einen Teil der Tunnel kriechen. Obwohl die Lehmkanäle bereits für die dicken und großen weißen Touristen ausgebaut wurden, kommt man durch manche Passagen kaum durch. Die Luft ist stickig und bei jeder Bewegung fühlen wir uns einem Kreislaufzusammenbruch nahe. Trotzdem halten wir fast bis zum Ende durch. Zum Glück gibt es alle paar Meter einen Sicherheitsausgang, durch den man die „Übung“ jederzeit beenden kann. Wieder zurück in Saigon genießen wir erneut das bunte Treiben auf der Bierstraße. Bia Hoi rocks!

Mui Ne Dunes Panorama

Am Tag der Arbeit, der im kommunistischen Vietnam selbstverständlich auch begangen wird, brechen wir nach Mui Né auf. Die Hitze ist fast unerträglich und wir freuen uns über den schönen Coco Sand Bungalow, dessen Klimaanlage selbst wir ausnahmsweise einmal nicht verschmähen. Der Surf- und Kitespot Fairy Stream, Mui Nescheint fest in russischer Hand zu sein. Jedes Menü gibt es in kyrillischer Schrift, oft aber nicht auf Englisch und auch die Kellner in den Restaurants sprechen alle ein paar Worte Russisch. Stört uns natürlich nicht, ist aber interessant. Leider haut uns der Strand nicht wirklich um, so dass wir unseren Aufenthalt auf die Tour zu den weißen und roten Sanddünen und zum Fairy Stream beschränken. Diese lohnt allerdings sehr. Die Landschaft ist nämlich wieder einmal atemberaubend. Die Dünen sind klasse, lange hält man es bei der Hitze allerdings nicht im Sand aus. Mag aber auch daran liegen, dass wir im Gegensatz zu den meisten Besuchern nicht mit dem Quad hochfahren, sondern laufen. Unser Highlight aber ist der Fairy Stream, ein Wasserlauf inmitten einer Canyonlandschaft aus roten Sanddünen, durch den man bis zu einem kleinen Wasserfall waten kann.

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